28.02.2025
Fussballschule

„Glücklich sein mit dem, was man hat“

Thomas „Zampe“ Zampach war Publikumsliebling bei der Eintracht und ist seit Tag eins bei der Fußballschule dabei. Im Interview spricht er über seinen Weg zum Profi und seine Schicksalsschläge in jungen Jahren.

Thomas, du bist ein Trainer der ersten Stunde bei der Fußballschule. Seit der Gründung 2001 begleitest du die Fußballcamps in und um Frankfurt. Erinnerst du dich noch an diese Zeit?  
Thomas: „Ich erinnere mich sehr gut an die Zeit der Eintracht am Grüneburgweg gegenüber von ‚Best Worscht in Town‘. Damals fanden erste Vorbereitungen für den Stadionumbau statt. Charly [Karl-Heinz Körbel; Anm. d. Red.] hat in Timmendorf gewohnt und war nur unter der Woche hier. Er war bereits Anfang der 2000er Jahre der verlängerte Arm des Vorstands. Ich habe ihn öfter mal an den Bahnhof gefahren, damit er seinen Zug kriegt. Ich war in der Fanbetreuung tätig, wobei ich gleichzeitig noch bei den Amateuren gespielt habe.“ 

Dann ist die Fußballschule entstanden. Wie kam es dazu? 
Thomas: „Zusammen mit Uli Skrowny, einem ehemaligen Fußballer aus Oldenburg, war ich als Trainer bei der Fußballschule von Dieter Burdenski [früherer Bundesliga-Torhüter von Werder Bremen, kürzlich verstorben; Anm. d. Red.] tätig. Als ich vom Camp zurückkam, saß Hansi Steinle [mittlerweile regelmäßig Torhüter der Tradimannschaft; Anm. d. Red.] mit Charly zusammen. Wir haben überlegt und kamen zum Entschluss, dass es total geil wäre, wenn wir eine eigene Fußballschule gründen würden. Charly hat das dem Vorstand vorgestellt, alles nahm seinen Weg.“ 

Dann habt ihr die ersten Camps durchgeführt.  
Thomas: „Die Eintracht spielte in der Zweiten Bundesliga, wir haben die Fußballcamps zunächst im Stadionheft und bei den Spielen per Durchsage kommuniziert. Die ersten zwei Camps fanden in den Osterferien statt. Schon damals war die Idee, ehemalige Profis mit einzubeziehen. Ralf Falkenmayer und Helmut Müller waren die ersten Gasttrainer. Domenico Gurzi, der damalige Athletik- und Konditionstrainer der Eintracht, schaute öfter mal vorbei und trainierte gemeinsam mit uns die Kids.“ 

Wie ging es dann weiter? 
Thomas: „Zum ersten Camp hin mussten wir mit der BILD-Zeitung und mit Stadiondurchsagen werben, um mehr Kinder beim Fußballcamp zu haben, um wiederum besseres Training anbieten zu können. Wir mussten mehr Werbung betreiben und die Fußballschule sichtbarer machen. Anfangs hatten wir in etwa 20 bis 30 Kids bei den Camps. Ich erinnere mich noch sehr gut, als wir ein Gewinnspiel mit der BILD-Zeitung veranstaltet haben. Verlost wurden zwei kostenfreie Plätze. Durch verschiedene Aktionen wurden wir etwas sichtbarer.“

Was bedeutet dir die Arbeit mit Kids? 
Thomas: „Zum einen hält es mich selbst jung. Zum anderen gebe ich gerne mein Wissen an talentierte Spieler weiter, denn ich habe manchmal das Gefühl, dass Spieler ihr Potenzial nicht voll ausschöpfen. Das ist dann sehr schade. Vielen Kindern ist es wichtig, tolle Tricks zu können, die für das Spiel nicht entscheidend sind. Der Weg zum Torschuss hin wird vernachlässigt.“  

Du engagierst dich nicht nur im Rahmen der Camps bei der Fußballschule, sondern bist auch als Spieler der Tradi in ganz Hessen unterwegs. Was ist die Tradi für dich? 
Thomas: „Für mich bedeutet die Tradi, die Tradition von Eintracht Frankfurt weiterzugeben. Zeigen, dass man auch mit 55 Jahren immer noch hungrig nach Siegen ist und die Leidenschaft für das Spiel hat. Menschen, wie damals in den alten Zeiten zu begeistern. Sie wollen uns sehen, weil wir greifbar und nahbar sind, Smalltalks führen. Heutzutage ist es schwieriger an die Profis ranzukommen, es ist etwas distanzierter. Für mich bedeutet das, dankbar zu sein – einerseits, weil ich in dem Alter noch spielen kann, andererseits weil mich Eintracht Frankfurt nicht vergessen hat. Das ist eine besondere Art der Wertschätzung des Vereins. Es gibt einem die Bestätigung für das, was man geleistet hat. Die Zusammenkünfte mit den Jungs sind immer sehr besonders. Ich habe beispielsweise nicht mit Alex Meier oder Makoto Hasebe zusammengespielt, aber alle haben den Adler auf der Brust getragen und sind damit Weggefährten der Eintracht-Familie. Was Charly mit der Tradi auf die Beine gestellt hat, ist außergewöhnlich.“ 

Gibt es einen Moment, der dir besonders in Erinnerung geblieben ist mit dem Verein, der Fußballschule oder der Tradi? 
Thomas: „Wenn man so lange dabei ist, dann fallen einem auf Anhieb einige besondere Momente ein. Während der WM 2002 traf Deutschland auf Südkorea. Alle Mitarbeiter verfolgten zusammen im Grüneburgweg das Spiel. Für mich begann der Tag schon morgens in der Früh, es ging zunächst nach Ludwigsburg und dann nach München. Die Zeit drängte, die Eintracht stand kurz davor, keine Lizenz zu bekommen. Die komplette Geschichte würde den ganzen Rahmen hier sprengen. Ich erinnere mich aber auch an Momente, in denen wir zusammen mit Kaufland eine Mini-WM mit 64 Mannschaften aus ganz Deutschland ausgetragen haben.“

Anfänge, Rückschläge & der Aufstieg

Auch du hast natürlich klein angefangen. Du bist in Frankfurt geboren, hast bei der TSG Frankfurter Berg angefangen zu kicken und bist damit ein waschechter „Frankfurter Bub“. Wie und in welchem Alter bist du an den Fußball gekommen?
Thomas: „Ich bin in einem sozialen Brennpunkt am Frankfurter Berg aufgewachsen. Ein Hochhaus überragte das andere. Über meinen älteren Bruder Paul bin ich an den Fußball gekommen, ihm habe ich ein bisschen nachgeeifert. Mit vier Jahren haben mich meine Eltern bei der TSG angemeldet. In der E-Jugend bin ich zu Viktoria Preußen gewechselt, mit der ich Kreismeister wurde. Am Ende der Saison standen wir vor der Eintracht. In der D-Jugend wurde ich von einem Herrn Blosa angesprochen, einem Jugendscout der Eintracht. Dann bin ich an den Riederwald gewechselt und musste mit den öffentlichen Verkehrsmitteln eineinhalb Stunden zum Training anreisen und dreimal umsteigen. (lacht)“ 

Es lief aber nicht alles reibungslos … 
Thomas: „Mein Bruder merkte, dass etwas nicht stimmte. Mit elf Jahren kam ich in eine Kinderpoliklinik, wo bei mir Lymphdrüsenkrebs diagnostiziert wurde.  Alles ging sehr schnell. Das bedeutete für mich Chemotherapien inklusive Haarausfall, mehrfache Rückenmarkspunktionen, tägliche Blutabnahmen und teilweise Infusionen. An Fußball war nicht zu denken.“ 

Du hast die Krankheit besiegt und wieder angefangen zu kicken. 
Thomas: „Ich habe ungefähr ein Jahr nicht gespielt und im zweiten C-Jugend-Jahr wieder angefangen. Für mich stand im Vordergrund, einfach nur Fußball zu spielen, ohne Druck. Ich wollte den Spaß am Kicken zurückgewinnen.“ 

In der A-Jugend wollte dich Klaus Gerster wieder zurück zur Eintracht holen … 
Thomas: „Von Eschersheim 09 hat mich Rocco Wagner in der B-Jugend wieder zu Viktoria Preußen gelotst. In der A-Jugend kam Klaus und wollte mich für die A2-Jugend holen. Damals besaßen meine Eltern kein Auto. Klaus hat mir sogar ein Mofa angeboten, um nicht mit der Straßenbahn durch die halbe Stadt fahren zu müssen. Doch ich lehnte ab. Letztendlich habe ich mit der A1-Jugend von Viktoria Preußen gegen die A1 der Eintracht gespielt. Es war die richtige Entscheidung zu bleiben.“ 

Dann kam der OFC. 
Thomas: „Ich spielte mein letztes A-Jugend-Jahr beim OFC und ging dann zum FV Bad Vilbel. Dort trainierte ich bei der ersten Mannschaft mit, doch meine ersten zehn Spiele machte ich für die zweite Mannschaft – in der B-Klasse. Karl-Heinz Volz, ehemals Torhüter des FSV Frankfurt, führte mich dann an die Erste heran. Für mich bedeutete das, drei Jahre in der Verbandsliga – damals die vierthöchste Liga – zu spielen.“ 

Wie hast du die Kurve zum Profi bekommen? 1991 bist du im Alter von 21 Jahren bei Mainz 05 gelandet. 
Thomas: „Nach meiner Lehre als Werkzeugmacher habe ich zunächst ein Probetraining bei Mainz 05 gemacht. Mein Physiotherapeut Frank Hoffmeister kannte Hubert Neu, der im Trainerteam der Mainzer war. Über ihn ist dann das Probetraining bei Robert Jung, der erst kürzlich 80 Jahre alt geworden ist, entstanden. Das lief erfolgreich, weshalb mich Jung zu Mainz 05 lotste. Schon damals war Christian Heidel der Manager des Vereins. Anfangs nahm ich Platz auf der Ersatzbank, doch ich schaffte den Durchbruch und debütierte in der Zweiten Bundesliga.“ 

Nach fünf Jahren beim FSV Mainz 05 und einer Saison beim SV Wehen ging es 1997 für dich zur Eintracht. Wie kam der Wechsel zustande? 
Thomas: „Bei Mainz habe ich gemerkt, dass die Chemie zwischen Trainer und mir nicht mehr passte. Also ging ich zusammen mit „Moppes“ Petz nach Wehen. „Moppes“ ging als ehemaliger Mitspieler nach Taunusstein und wurde Co-Trainer von Bruno Hübner. Die beiden waren meine Trainer. Mit dem SV Wehen stiegen wir in die Regionalliga, damals die dritthöchste Spielklasse, auf. Beim vorletzten Spiel der Saison gegen Gießen muss Horst Ehrmantraut auf der Tribüne gesessen und zugeschaut haben. Der Wechsel zur Eintracht fand am Anfang der Saison 1997/98 statt. Sicherlich hat Ehrmantraut einiges in die Wege geleitet. Die Eintracht hatte zur damaligen Zeit nicht viel Geld, holte 15 Spieler in der Sommerpause, für rund 1,5 Millionen DM – das ist heute unvorstellbar. Klaus Lötzbeier und Rolf Heller tüteten die Transfers ein. Neben meiner Wenigkeit gehörten unter anderem Thomas Epp, Thomas Sobotzik und Marco Gebhardt zu den Zugängen.“ 

Vermutlich hätte ich an dem Tag auch mein Kaugummi zu den Fans werfen können.

Thomas Zampach nach dem 4:2-Heimsieg gegen Fortuna Köln am letzten Spieltag der Saison 1997/98.

1998 bist du mit der Eintracht Zweitligameister geworden und hast für Aufsehen gesorgt, als du nach dem letzten Saisonspiel gegen Fortuna Köln nackt eine Ehrenrunde im Stadion gedreht hast. Wie ist es dazu gekommen?  
Thomas: „Ich war schon immer der Spaßvogel, lief gegen die Stuttgarter Kickers mit Taucherbrille und Schnorchel über den Platz. Horst Ehrmantraut wollte damals unbedingt als Meister aufsteigen, weil nur aufzusteigen reichte ihm nicht. Daher trainierten wir die letzten 14 Tage der Saison unter höchster Spannung. Auf dem Platz war das eine Art Kurzschlussreaktion, die Spannung aus dem Kopf und Körper rauszubekommen. Ich lief meine Ehrenrunde und kam – nachdem alles beim Publikum landete – wieder zurück. Vermutlich hätte ich an dem Tag auch mein Kaugummi zu den Fans werfen können. Wenn man sich heute die Spiele der Eintracht anschaut – bei jedem Auswärtsspiel ist das Gästekontingent ausgeschöpft. Das war eine riesige Euphoriewelle zu der Zeit. Doch auch damals begleiteten dich 2500 nach Cottbus, egal ob Montag oder Freitag, zudem wurden in diesem Jahr die Ultras Frankfurt gegründet. Diese Reaktion gegen Fortuna Köln war eine Art ‚Dankeschön‘, weil die Fans ihr letztes Hemd für uns gegeben hätten.“ 

Bei der Eintracht hast du vier Trainer erlebt: Horst Ehrmantraut, Reinhold Fanz, Jörg Berger und Felix Magath. Was waren das für Typen?  
Thomas: „Horst Ehrmantraut war ein sehr akribischer Trainer, hat die Mannschaft nicht zusammen, sondern auseinander laufen gelassen. Er war sehr sorgfältig, was das Lauftraining und die Einheiten im Fitnessstudio anging. Doch er achtete auch auf das Essen, zum Beispiel gab es keine Hülsenfrüchte vor dem Spiel. Reinhold Fanz war dagegen etwas lockerer und hat es mit Spaß und Motivation versucht. Im Trainingslager in Tunesien mussten die läuferisch fitten Spieler keine Läufe am Strand machen. Und die, die körperlich fit und robust waren, mussten nicht im Fitnessstudio pumpen gehen. Jörg Berger wiederrum legte sehr viel Wert auf Physis. Ihn lernte ich bei seinem zweiten Aufenthalt in Frankfurt kennen, er hatte sein Standing und seinen Stellenwert bei der Eintracht. Felix Magath war zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Magath hatte seine Methoden, ihm konntest du es als Spieler nie recht machen. Bei ihm hatten wir keine Trainingspläne. Keiner wusste, ob wir am nächsten Tag gar nicht, einmal oder zweimal trainieren würden. Er wollte diese Spannung. Dass die Spieler 24 Stunden für den Verein brennen. Wir mussten aber auch so trainiert werden.“   

Wie hast du die fünf Jahre als aktiver Spieler bei der Eintracht rückblickend wahrgenommen? 
Thomas: „Das war mitunter die schönste Zeit meines Lebens, unvergesslich und atemberaubend. Wir haben Erfolge zusammen gefeiert, Aufstiege und Nichtabstiege gegen Kaiserslautern und Ulm. Und das vor so vielen Fans. Es freut mich aber auch sehr, die Fußballschule mit aufgebaut zu haben. Wenn man sich die Entwicklung bis heute anschaut und sieht, wo sie heute ist, dann ist das schon sehr besonders.“ 

Du warst nicht nur Gründungsmitglied der Fußballschule, sondern von 2001 bis 2004 Fan-Koordinator bei der Eintracht. Wie ist das entstanden?  
Thomas: „Anfang der 2000er Jahre war ich rund 100 Tage verletzt. Gleichzeitig kam in diesem Jahr mein Sohn Julian auf die Welt. Im Sommer holte ich mir einen Zeckenbiss, der dann in Borreliose ausgeartet ist. Felix Magath holte dann andere Spieler. Ich war 31 Jahre alt, hatte Vertrag und wollte mich zurückkämpfen. Magath meinte dann zu mir, dass ich Stand-by Profi werden sollte. Er schickte mich zu den Amateuren und ich begann mich langsam für die Zeit nach meiner Karriere vorzubereiten. Bei der U23 traf ich auf Jungs wie Jermaine Jones oder Christoph Preuß. Ich wollte mein Wissen an die jüngere Generation weitergeben. 2001 oder 2002 stiegen wir mit Trainer Bernhard Lippert auf. Ein paar Jahre zuvor, 1997, ging es in Frankfurt mit der Fankultur los. So entstand dann auch die Idee mit dem Fanbeauftragten.“ 

Nach deiner aktiven Trainerkarriere bist du Ende der 2000er Jahre ins Trainergeschäft eingestiegen und warst unter anderem bei Kosta Runjaic Co-Trainer in Darmstadt. Wolltest du schon immer Trainer werden? 
Thomas: „Zunächst einmal war ich bei der Eintracht als Scout angestellt, zudem entfaltete sich die Arbeit der Fußballschule. Ich erinnere mich noch sehr gut, wie ich mit Webi [Ralf Weber; Anm. d. Red.] Videos zusammengeschnitten habe. Das war in der Zeit von Willi Reimann. 2004 habe ich bei Wehen als Spielertrainer der U23 angefangen, wurde dann auch Trainer der A-Jugend. Bei der U23 lernte ich Kosta Runjaic kennen. Wir sind zusammen von der Oberliga in die Regionalliga aufgestiegen. Rund ein halbes Jahr später hat er als Trainer in Darmstadt angefangen und mich gefragt, ob ich Lust hätte, sein Co-Trainer zu werden. Nach zwei Jahren habe ich bei den Lilien aufgehört und bin wieder zurück zur Fußballschule.“ 

Für dich ist nicht nur der Fußball eine große Leidenschaft, sondern auch American Football. 2012 warst du Botschafter der in Frankfurt gegründeten Initiative „Respekt! Kein Platz für Rassismus“. Dadurch warst du bei Spielen der Frankfurt Universe regelmäßig zu Gast. Wie entstand die Idee, selbst aktiv ins Spielgeschehen einzugreifen? 
Thomas: „Der Gründer der Initiative, Lothar Rudolf, kam auf mich zu und meinte, er wäre öfter bei den Universe zu Gast. Daraus hätte man eine Geschichte machen können. Ich war bei einem Spiel der Universe und wurde nach dem Spiel gefragt, ob ich gegen das Ei treten möchte. Ich ließ mich nicht zweimal bitten. Das lief so gut, dass ich beim nächsten Training dabei war und in der darauffolgenden Saison in der Spielerliste gemeldet wurde. Am Ende sind wir sogar in die Bundesliga aufgestiegen. Ich war der ‚Kicker‘ und ‚Punter‘. Da musste ich den Ball plötzlich nicht ins Tor schießen, sondern über das Tor. Insgesamt war ich drei Jahre bei den Universe.“

Der Fußball im Wandel der Zeit

Was machst du heute, wenn du nicht mit der Eintracht unterwegs bist? 
Thomas: „Ich habe mich selbständig gemachen als Individualtrainer im Fußball. Quasi als Personal Coach. Zudem beteilige ich mich bei ‚Fußballfans im Training‘ [FFIT], einer Initiative der Eintracht und der Deutschen Krebshilfe. Bei FFIT bewegen wir Menschen dazu, sich bewusst zu machen, welche Bedeutung die Kombination aus einer gesunden Ernährung und Bewegung hat. Wir trainieren einmal pro Woche, insgesamt zwölf Wochen lang und erzielen damit tolle Erfolge. Das Ziel ist es, dass wir den Menschen helfen, sie ihr Leben gesünder führen und gesundheitsfördernde Maßnahmen eigenständig entwickeln. Das ist meine Motivation – versuchen, Leute zu begeistern und auf ihrem angestrebten Weg zu begleiten.“

Du hast vor einigen Jahren deine Sportmentalausbildung abgelegt.
Thomas: „Genau. In diesem Bereich bin ich ebenfalls selbstständig. So werde ich zum Beispiel von der Michael von Kunhardt Akademie und seinen Workshops gebucht. Bei seinen Auftritten in der Brita-Arena geht es um Motivation. Da darf ich dann Kabinenmotivationsansprachen halten, aber auch fußballerische Stationen leiten. Das ist nur ein Teil vom Ganzen.“

Wie hat sich der Fußball in den letzten 20 Jahren deiner Meinung nach verändert? 
Thomas: „Sehr viel. Wenn man sich das Scouting anschaut, enorm viel. Ich weiß noch genau, als ich in der Licher Lounge saß und dienstags auf die DVD’s von den Spielen vom Wochenende gewartet habe. Durch die voranschreitende Digitalisierung kann man den Spielern schon in der Halbzeitpause Videosequenzen zeigen. Extrem verändert hat sich die Kommerzialisierung des Fußballs. Der Staff rund um das Trainerteam ist gewachsen, mittlerweile gibt es zig Analysten in jedem Team. Der ganze Fußball ist viel schnelllebiger geworden, hinzu kommt die Reizüberflutung durch immer mehr Spiele. Der Hype hat Überhand genommen. Mir fehlt im Jugendbereich heutzutage ein Stück weit die intrinsische Motivation. Es geht darum zu zeigen, wer den besten Trick kann, wer die coolste Frisur hat oder wessen Schuhe am besten aussehen. Passspiel wie Ballan- und Mitnahme ist nicht so cool. Damals haben wir Fußball gespielt, weil wir kicken und der Kugel nachjagen wollten. Wir hatten einfach Bock auf Fußball.“

Welche Eigenschaften muss ein guter Trainer mitbringen? 
Thomas: „Er muss ein gutes Gespür haben, feinfühlig sein und wissen, wie man die Spieler anpacken muss. Einen Jan Åge Fjørtoft musstest du in den Hintern treten, einen Yang Chen musstest du in den Arm nehmen. Entsprechend braucht ein guter Trainer eine gute Menschenführung und Menschenkenntnis.“ 

Welche Trainerlizenzen hast du? 
Thomas: „Ich habe die A-Lizenz.“ 

Wie sehen deine persönlichen und zukünftigen Ambitionen aus? 
Thomas: „Meine Ambition ist gesund zu bleiben und mein Wissen in der SGE-Familie weiterzugeben. Ich möchte weiterhin ein Teil davon sein, Menschen weiterentwickeln und sie dazu bringen, ihr volles Potential auszuschöpfen. Gerade beim FFIT will ich Menschen helfen, ihre Träume zu erfüllen. Besonders wichtig geworden ist mir in den vergangenen Jahren, auch mal den Moment im Hier und Jetzt zu genießen. Glücklich zu sein mit dem, was man hat. Die Devise muss nicht immer lauten, ‚höher, schneller und weiter‘. Man kann auch mal ‚Danke‘ sagen, dass man ein Dach über dem Kopf und eine warme Mahlzeit am Tag hat. Das ist nicht selbstverständlich. Wir suchen immer das, was wir nicht haben, anstatt glücklich zu sein, mit dem, was wir haben. Ich hatte mit elf Jahren Krebs, mit 17 Jahren habe ich meinen Vater verloren und mit 47 Jahren fragt dich dein eigener Bruder, ob du ihm eine Niere spenden kannst. Man muss damit umgehen können und auch mal sagen können ‚Vielen Dank für die vielen Jahre, die ich hatte und auch Menschen begeistern und helfen konnte‘. Das Leben ist ein Geben und Nehmen – so sollte es sein. Man braucht nicht nur Anlässe wie Weihnachten, um Gutes zu tun, sondern es gibt noch elf weitere Monate.“

Was braucht ein talentierter Spieler, um heutzutage den Sprung ins Profigeschäft zu schaffen? 
Thomas: „Ein talentierter Spieler muss hart arbeiten können und muss in vielen Bereichen die nötige Disziplin an den Tag legen. Zudem braucht er mentale Stärke, um mit Niederlagen und Rückschlägen umgehen zu können, aber auch besondere persönliche Eigenschaften wie Ehrgeiz, Demut und Bodenständigkeit. Fußballspezifisch ist eine herausragende Technik mit Ballkontrolle, Dribbling und Passspiel hervorzuheben. Im athletischen Bereich braucht ein Talent Schnelligkeit, Beweglichkeit und einen allgemeinen Fitnesszustand. Nicht zu vernachlässigen ist das Thema Ernährung. Entscheidend ist auch eine gute Balance zwischen Belastung und Regeneration. Genauso wichtig ist die intrinsische Motivation, mit der man ein Stück weit sein vorhandenes Talent vergrößern kann. Am Ende entscheidet die Kombination aus Können, Mentalität, Eigenantrieb und ein bisschen Glück.“ 

Was war dein schönster Moment mit Eintracht Frankfurt? 
Thomas: „Das war das 2:2 gegen Mainz 05 am Montagabend, 25. Mai 1998. Der Punkt reichte uns damals zum Wiederaufstieg in die Bundesliga. Das war ein absolutes Highlight meiner Karriere. Als ‚Frankfurter Bub’ bin ich mit der Eintracht in die Bundesliga aufgestiegen. Da konnte ich auch meinem ehemaligen Trainer zeigen, dass ich doch zweitligatauglich bin. Dass ich es draufhatte, denn zwei Jahre zuvor war ich noch für nicht gut genug erklärt worden. Das war wie eine Genugtuung für mich. In dieser Saison machte ich 33 insgesamt Zweiligaspiele, war einmal gelbgesperrt. Damit habe ich meinen Anteil dazu beigetragen, dass die SGE wieder erstklassig wurde. Dann gibt es auch noch einen zweiten großartigen Moment, das war das 5:1 gegen den 1. FC Kaiserslautern 1999.“