07.11.2006

SCHLAFMITTEL IM BIER UND ZERSÄGTE BADESCHLAPPEN

Die aufregende Karriere des Norbert Nachtweih, früher bei Bayern und Frankfurt. Für das Bayern-Magazin hat Norbert vor dem Spiel der Eintracht in München ein Interview gegeben.

Hallo, Norbert Nachtweih: Gibt‘s eigentlich heute noch Verbindungen zum FC Bayern München?
Nachtweih: Die Verbindungen? Die existieren noch! Wenn die Bayern in Frankfurt spielten, habe ich sie oft am Vorabend in ihrem Mannschaftshotel besucht. Persönliche Kontakte hatte ich dabei in erster Linie zu den Vorständen Karl Hopfner, Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge, mit dem ich ja noch zusammen gespielt habe. Aber auch zur medizinischen Abteilung, deren Mitarbeiter ja auch schon lange dabei ist und die ich noch bestens von früher kenne.


Was machen Sie heute beruflich und wo wohnen Sie?
Nachtweih: Ich wohne in Liederbach, im Main-Taunus-Kreis. Beruflich bin ich stark in die Fußballschule der Frankfurter Eintracht eingebunden. die vor einigen Jahren durch Charly Körbel gegründet wurde. Wir veranstalten Ein- und Mehrtageskurse für Jugendliche im gesamten Bundesgebiet. Zusammen mit ehemaligen Eintracht-Spielern wie beispielsweise Ralf Falkenmayer, Ralf Weber oder Harry Karger hoffen wir natürlich auch entsprechend gute Talente für die Eintracht zu entdecken. Gerade am Wochenende und in der Ferienzeit haben wir sehr viel zu tun.

Besuchen Sie noch Spiele des FC Bayern oder von Frankfurt?
Nachtweih: In die Allianz Arena habe ich es leider immer noch nicht geschafft. Aber das hole ich bestimmt demnächst mal nach. Bei Eintracht Frankfurt bin ich hingegen bei jedem Heimspiel. Zum einen ist es in Frankfurt ein sehr schönes Stadion geworden, zum anderen pflege ich auf diese Weise Kontakte für meine Arbeit in der Fußballschule. Zudem trifft sich noch regelmäßig die Mannschaft, die 1960 den UEFA-Cup nach Frankfurt holte.

Wie kam es 1982 zum Wechsel von der Eintracht zum FC Bayern?
Nachtweih: Die Eintracht brauchte mal wieder Geld, als mich Uli Hoeneß völlig unerwartet anrief. Mein spontaner Ausruf war: ,,Ach, Herr Hoenerß, Sie sind‘s!“ Eigentlich komisch, dass ich ihn gesiezt habe. Der ist doch gar nicht so viel älter als ich. Na ja, egal. Jedenfalls hat er mich gefragt, ob ich mir vorstellen könnte in München zu spielen. Das war insofern ein komischer Zeitpunkt, weil ich gerade zuvor für weitere vier Jahre in Frankfurt unterschrieben hatte. Da ich es mir aber vorstellen konnte, habe ich gesagt: Einigt euch mit der Eintracht. Das geschah dann ja auch und ich bin nach München. Beim Feinkost Käfer gab es dann zuerst ein Gespräch mit Trainer Pal Csernai und dann sind wir gemeinsam ins Privat haus von Präsident Willi 0. Hoftmann an den Ammersee gefahren. Dort wurde der Vertrag unterschrieben. Und wie das bei diesem Präsidenten so üblich war, gab es auch gleich ein Glas Champagner dazu.

Im Zusammenhang mit dem WechseI wird auch das „BauherrnModell“ erwähnt. Der Wechsel und die damit verbundene Gehaltsaufbesserung hätte Ihnen bei Ihrer finanziellen Schieflage geholfen.
Nachtweih: Das ist allein schon deshalb Blödsinn, weil sich diese Form der Geldanlage bei mir erst drei Jahre später als Fehlinvestition herausgestellt hat. Ich habe mich dann Hilfe suchend an UIi Hoeneß gewandt. Der Verein hat mir dann die passenden Anwälte besorgt. Mit Karl Hopfner, dem Bayern-Geschäftsführer, bin ich dann nach Frankfurt gefahren und habe dort mit den Gläubigern einen Vergleich geschlossen. Damals hatten sehr, sehr viele Bundesliga-Spieler in dieses Steuersparmodell investiert. Aber bei mir als Bayern-Spieler war das Medieninteresse ungleich größer.


Was war für Sie der größte Unterschied zwischen Frankfurt und München?
Nachtweih: Der größte Unterschied lag in der Spiel-Philosophie. Mit
der Eintracht zelebrierten wir streckenweise begeisternden Hurra-Fußball. Spielerisch waren wir Anfang der achtziger Jahre in Deutschland sicherlich führend. In München war alles professioneller. Auch die Spielweise. Dort spielte man cleverer, abgeklärter - und erfolgreicher. Der Gegner wurde auf dem Feld zunächst fast eingeschläfert. Und dann schlug man zu.


Können Sie sich noch an Ihr erstes Spiel für den FCB erinnern?
Nachtweih: Und ob! Erster Spieltag der Saison 1982/83, Auswärtsspiel bei Werder Bremen, 0:1 verloren. Ich sage nur: Einwurftor von Uwe Reindersl Es war ja auch das erste Spiel von Torwart Jean-Marie Pfaff. Wahnsinn, wie Pal Csernai den Belgier zur Pause in der Kabine fertig gemacht hat. Ich habe jeden Augenblick gedacht, unser Torwart geht dem Trainer gleich an den Hals.


Kamen Sie denn mit Pal Csernai klar?
Nachtweih: Nicht dass wir uns falsch verstehen: Fachlich hatte der Mann unheimlich viel drauf. Menschlich - nun ja, würde ich von Defiziten sprechen. Ich kannte ihn ja schon aus Frankfurt, wo er Co-Trainer war. Wir sind in München zum Teil sehr heftig aneinander geraten. Was er taktisch und läuferisch von Bernd Dürnberger und mir verlangte, war nicht zu schaffen. Nach wenigen Wochen wollte ich wieder weg und mich zurück zur Eintracht ausleihen lassen. Doch die hatten plötzlich, obwohl sie zuvor eine irre Ablöse für mich kassiert hatten, kein Interesse mehr an mir. Das hat mich insbesondere menschlich sehr enttäuscht. So blieb ich bei Bayern. Am Saisonende musste Csernai gehen und für ihn kam Udo Lattek.


Sie haben 31 Tore für den FC Bayern geschossen. Ihr Schönstes?
Nachtweih: Meine Tore habe ich meist aus der Distanz geschossen. Ein besonders Spektakuläres gelang mir im UEFA-Cup. Bei Legia Warschau gewannen wir in der Saison 1988/89 sensationell 7:3. Dabei sorgte ich für die Führung. Mein bekanntestes Tor war vielleicht der 1:0-Siegtreffer kurz vor Abpfiff am letzten Spieltag der Saison 1986/87 über Schalke 04. Wir standen bereits als Meister fest. Es war das letzte Spiel unter Udo Lattek. Nach dem Spiel bin ich zu ihm. „Trainer, habe ich gesagt, „das Tor war für Sie!“


An welches Spiel im FCB-Trikot erinnern Sie sich noch am liebsten? Nachtweih: An Dramatik war das Saisonende 1986 nicht zu überbieten. Der verschossene Elfmeter in Bremen durch Kutzop. Wir hatten es deutlich gemerkt: Die Bremer hatten plötzlich Angst. Und wir hatten die bessere Tordifferenz und schlugen Gladbach klar 6:0. Teilweise waren dabei ja nur noch sieben Spieler auf dem Platz. Die anderen hörten an der Seitenauslinie im Radio wie Bremen in Stuttgart verlor. Die ganze Saison waren wir kein einziges Mal Tabellenführer. Nur einmal - ganz zum Schluss. Wahnsinn.Dieser Titel ragt von allen gewonnenen klar heraus.


Und ausgerechnet gegen den ‚.Meistermacher“ VfB Stuttgart ging es eine Woche später im DFBPokalendspiel.
Nachtweih: Ja, wobei wir die ganze Woche dazwischen eigentlich nur gefeiert haben. Völlig locker und fröhlich sind wir nach Berlin gereist und hauen den VfB 5:2 weg. Seitdem frage ich mich: Ist Vorbereitung wirklich alles?


Was waren für Sie die bittersten Momente oder Niederlagen mit dem FC Bayern?
Nachtweih: Persönlich das Halbfinal-Rückspiel im UEFA-Cup gegen Neapel mit Maradona im Olympiastadion. Der kleine dicke Kerl zauberte beim 2:2 im Alleingang. Mir unterliefen zwei Fehler, die zu den beiden Toren der Neapolitaner führten. Die Spielstatistik weist mich als Torvorbereiter, Spieler mit den meisten Ballkontakten und hervorragenden Zweikampfwerten aus. Genutzt hat es nichts, was blieb, waren meine beiden Fehler.


Überraschend erwähnen Sie nicht das Europacup-Endspiel 1987 in Wien.
Nachtweih: Natürlich war das bitter. Aber hierbei handelte es sich um eine schlechte Leistung der gesamten Mannschaft. Man muss eine gute Leistung des Gegners auch mal anerkennen. Gegen den FC Porto gingen wir als haushoher Favorit wohl zu sorglos in das Spiel. Ich sage Ihnen was: Dieses Spiel verfolgt mich bis heute. Noch oft träume ich von mir im Bayern-Trikot. Und dabei taucht immer wieder das Endspiel in Wien auf: Wie die Portugiesen auf rechts durchbrechen, das Hackentor durch Madjer - fürchterlich. Wobei ich an und für sich Emotionen nicht so rauslasse. Weder im Positiven, noch im Negativen. Bei Niederlagen wirkte ich oft cool, was bei einigen scheinbar arrogant rüber kam.


Können Sie sich an eine lustige Begebenheit während Ihrer Zeit in
München erinnern?
Nachtweih: Jetzt kann man es ja sagen: Sie kennen doch bestimmt auch so Menschen, die einfach nichts wegwerfen können. Calle del‘Haye gehörte auch zu denen. Der lief mit so einer Art Badeschlappen aus Holz durch die Gegend. Merkwürdige Dinger und bestimmt schon 20 Jahre alt. Wir sagten immer: Schmeiß die doch endlich mal weg! Als er nach dem Training unfer der Dusche stand holte einer von uns Werkzeug, sägte die Latschen sauber in der Mitte durch und schob sie wieder zusammen. Wir verlie3en die Kabine und schenkten der Sache keine weitere Bedeutung. Am nächsten Morgen kam del‘Haye, tat als wenn nichts gewesen wäre und packte unter den ungläubigen Blicken der gesamten Mannschaft seelenruhig ein Austausch-Paar aus der Tasche. Wir haben nicht gelacht, wir haben gebrüllt vor Begeisterung.


Hat man Ihnen denn auch mal einen Streich gespielt?
Nachtweih: Ja, aber fairerweise muss ich voranstellen, dass ich nicht Opfer, sondern eigentlich Täter sein wollte. Es war im Trainingslager in Rottach-Egern. Jean-Marie Pfaff war wie aufgedreht. Er scherzte, machte Witze, trieb mit den Zuschauern seine Späße. Da sagte ich zu meinen Mannschaftskameraden: Ein bisschen Valium würde ihm mal ganz gut tun, damit er sich wieder beruhigt. Abends war gemeinsames Grillen angesagt. Nach dem zweiten Bier wusste ich plötzlich nicht mehr, wie mir geschah. Mir fielen die Augen zu, ich war kurz davor, völlig wegzuknacken. Nur sehr mühsam habe ich es noch ein bisschen ausgehalten. Dann war es mit mir vorbei.


Mit 1989 wechselten Sie nach sieben Jahren zum AS Cannes. Wie erging es Ihnen an der Cote d‘Azur?
Nachtweih: Mittelmeer, tolles Wetter, es war nicht die schlechteste Zeit dort, zumal wir sogar die Qualifikation für den UEFA-Cup schafften. Gleich im ersten Spiel trafen wir mit Olympigue Marseille auf die Mannschaft von Franz Beckenbauer. Wir gewannen 1:0! Wir hatten auch einen Nachwuchsspieler in unseren Reihen, einen gewissen ZinediNe Zidane. Der war immer so behäbig und machte dauernd einen so müden Eindruck. Aber er hatte technisch was drauf und schoss tolle Freistöße.


1991 ging es für nur drei Bundesliga-Spiele zurück zur Eintracht. Was passierte denn da?
Nachtweih: Eigentlich war ich mir mit dem VfB Stuttgart schon einig. Deren Manager Dieter Hoeneß hatte den Kontakt zu mir hergestellt und auch mit Trainer Christoph Daum hatte ich schon gesprochen. Doch plötzlich meldete sich Bernd Hölzenbein aus Frankfurt, um eine neue Mannschaft aufbauen zu wollen. Zurück zur Eintracht zu gehen, war einer meiner größten Fehler. Trainer Stepanovic war jemand, der in jeder Mannschaft einen Sündenbock brauchte. In Frankfurt war ich das. Und so bin ich nach nur drei Spielen, das letzte übrigens gegen Bayern München, zu Waldhof Mannheim. Was ursprünglich nur als kurzes Engagement gedacht war, entpuppte sich als vierjähriger Aufenthalt. Mannheim war eine tolle Station. Trainer war Klaus Toppmöller. Mehrfach klopften wir an das Tor zur Bundesliga.


Was sind so die prägendsten Eindrücke aus Ihrer Zeit bei der Eintracht insgesamt?
Nachtweih: Die prägendsten Eindrücke stammen aus meiner ersten Zeit in Frankfurt. Ich war ja die Trainingsmethoden aus dem DDR-Furßball gewohnt. Ich will nicht behaupten, dass die das Nonplusultra waren, aber in Frankfurt habe ich nur gedacht: Mit so wenig Training wird man UEEACup-Sieger? Das erste Jahr habe ich im Training nicht geschwitzt.

Ursprünglich stammen Sie aus Sachsen-Anhalt und waren DDR-Oberligaspieler beim Halleschen FC Chemie. In den Augen des DDR-Staatsapparates galten Sie als Republik-Flüchtling! Was geschah
1976 genau?
Nachtweih: Bereits mit 17 spielte ich für Halle in der DDR-Oberliga. Mit einer Auswahl der DDR absolvierte ich als 19-Jähriger 1976 in der Türkei ein Qualifikationsspiel zur U21-EM. Nach einem Spiel in Bursa stand ich mit Torwart Jürgen Pahl abends noch an der Hotelbar. Wir gönnten uns eine Coca-Cola und kamen mit einem Reiseleiter aus den USA ins Gespräch. Ich konnte zwar nur Russisch, aber Jürgen Pahl konnte sich mit dem Herrn ein bisschen auf Englisch verständigen. Eigentlich sollten wir um 22 Uhr schon im Bett sein. Kurz nach 22 Uhr wurden wir von Sportfunktionären der DDR entdeckt, die sich schick angezogen hatten, um einen Nachtclub zu besuchen. Unter Ankündigung einer drakonischen Strafe schickte man uns sofort auf die Zimmer. Unser US- Gesprächspartner konnte uns nur noch rasch seine Zimmer-Nummer nennen. Dort trafen wir uns mit ihm um ein Uhr nachts und schmiedeten spontan Fluchtpläne. Die Verlogenheit der Funktionäre und deren Entmündigung kurz zuvor waren hierfür spontan ausschlaggebend.


Wie sahen die Fluchtpläne konkret aus?
Nachtweih: Die Spieler der U21 durften sich vor dem Rückflug in die DDR selbständig noch den Basar Istanbul anschauen. Jürgen Pahl und ich setzten uns im Getümmel ab und kehrten zum vereinbarten Treffpunkt nicht wieder zurück. Stattdessen trafen wir den US-Bürger vom Vorabend, der mit seiner Reisegruppe auch in Istanbul war. Das hatte er uns nachts mitgeteilt. Es war Zufall. Was dann passierte, war das reinste Politikum. Unser Fluchthelfer brachte uns zur amerikanischen Botschaft. Von dort aus ging es weiter zum deutschen Konsulat. Derweil brach im DDR-Relsekader Panik aus. Man suchte uns. Die Maschine, die uns eigentlich über Budapest wieder zurück in die DDR bringen sollte, wurde von den Funktionären auf dem Rollfeld fünf Stunden aufgehalten.


Wie ging Ihre Odyssee weiter?
Nachtweih: Die türkischen Behörden, bei denen wir politisches Asyl beantragen mussten, verherbergten uns über einen Zeitraum von insgesamt zehn Tagen. Es war wie im Film. Wir saßen im Keller der türkischen Polizei auf einem Stuhl und vor einem blendete die Deckenlampe direkt ins Gesicht. Schließlich durften wir in die Bundesrepublik ausreisen. Wir landeten in München. Dort wurden wir vom Verfassungsschutz noch einmal verhört. Abends hatten Jürgen Pahl und ich frei. Und wissen Sie, was wir gemacht haben? Wir beide haben uns im Olympiastadion das Weltpokalfinale des FC Bayern gegen Belo Horizonte angeschaut! Bayern-Trainer Dettmar Cramer, der mich später bei der Eintracht trainierte, kritisierte uns: Warum seid ihr nicht zum FC Bayern gegangen? Dort hättet ihr trainieren können!


Statt heim FC Bayern, landeten Sie bei Eintracht Frankfurt.
Nachtweih: Nachdem wir drei Tage in München verhört wurden, ging es weiter ins Notaufnahmelager, ins hessische Gießen. Dort wurde der FDP-Politiker Wolfgang Mischnick auf uns aufmerksam. Mischnick war zuvor Bundesminister für Flüchtlinge und Vertriebene gewesen und großer Eintracht-Fan. So kamen Jürgen Pahl und ich nach Frankfurt. Bei unserer Flucht hatten wir uns geschworen, dass wir zu unserem ersten Verein in der BRD gemeinsam wechseln. Die FIFA verhängte für uns jedoch eine 16-monatige Sperre. Im März 1978 spielte ich dann das erste Mal in der Bundesliga.


Sie waren nicht der einzige prominente DDR-FubaIIer, der in die Bundesrepublik flüchtete. Gerieten auch Sie ins Visier der DDR-Staatssicherheit?
Nachtweih: Ja. Als ich schon längst bei Bayern spielte, rief mich plötzlich Karl Hopfner in sein Büro und informierte mich, dass der Verfassungsschutz in Frankfurt einen Stasi-Agenten enttarnt hatte. In dessen Unterlagen waren auch Notizen über mich entdeckt worden. Das Ministerium für Staatssicherheit war nach den späteren Fluchterfolgen des Spielers Lutz Eigendorf und Trainer Jörg Berger 1979 nervös geworden und wurde aktiv, Ich galt als Fluchthelfer. Soll ich Ihnen mal sagen, mit wem ich mir in Bursa als U21 -Spieler das Hotelzimmer geteilt habe? Mit Lutz Eigendorf. Ich hätte nie gedacht, dass er ebenfalls mal fliehen würde, zumal er für den Stasiclub Dynamo Berlin spielte. Dies und die Tatsache, dass er mit seiner Fluchtgeschichte in die Öffentlichkeit ging, wurden ihm zum Verhängnis. Die Stasi hat ihn 1983 in Braunschweig umgebracht. So viel steht heute fest.


Hat die gemeinsame DDR-Vergangenheit zu einem Zusammengehörigkeitsgefühl geführt?
Nachtweih: Als Jörg Berger 1979 floh, hat er die ersten Monate bei mir zu Hause gewohnt. Auch er wurde von der Stasi beschattet. Lutz Eigendorf besuchte mich vor seinem Tod einmal. Jürgen Pahl und mir war wichtig, dass wir anfangs ncht allein waren und alles gemeinsam machten. Er lebt heute als Obstbauer in Paraguay. Anfangs versuchte er sich dort als Scout für Fußball-Talente. Eines Tages wurde er auf ein Talent aufmerksam. Sein Name: Roque Santa Cruz! Er versuchte den noch sehr jungen Spieler an Eintracht Frankfurt zu vermitteln. Doch die Eintracht war nicht bereit die geforderte Ablösesumme von 200.000 Euro zu bezahlen.


Wo haben Sie Ihre Karriere ausklingen lassen?
Nachtweih: Bis Dezember 1995 habe ich bei Waldhof Mannheim gespielt. Danach habe ich den Trainer A-Schein gemacht und wurde zunächst Spielertrainer beim SV Bernbach und anschließend für ein halbes Jahr Oberliga-Trainer beim FK Pirmasens. Zuletzt habe ich in der Kreisliga bei der SG Oberliederbach gespielt. Einen Spielerpass habe ich noch. Doch ich glaube, ich höre mit 49 jetzt mal langsam dort auf und konzentriere mich auf meine zahlreichen Einsätze in der Eintracht-Traditionself.

Welche Zukunftspläne haben Sie?
Nachtweih: Die Fußballschule, in der ich tätig bin, soll sich so gut wie bisher weiterentwickeln. Insbesondere die Jugendmannschaft der D3 von der Eintracht liegt mir am Herzen. Ansonsten würde ich gerne als Co-Trainer wieder irgendwo Fuß fassen.


Ihr Tipp für das heutige Spiel?
Nachtweih: Die Eintracht hat diese Saison eine richtig gute Mannschaft. Da könnte mal was draus werden. Aber man muss realistisch bleiben. Die Bayern gewinnen 2:1.

DIE BAYERN-STATISTIK VON NORBERT NACHTWEIH:
Geboren am 4. Juni 1957 in Sangerhausen, geschieden, 2 Töchter.
Beim FCB von 1982 bis 1989, 39 Europacupspiele / 4 Tore; 202 Bundesligaspiele / 20 Tore; 30 DFB-Pokalspiele 7 Tore,  2 Supercup-Spiele / 0 Tore; 4 x Deutscher Meister (1985-87 und 89); 2 x Deutscher Pokalsieger 1984 und 86); 2 x DFB-Supercupsieger (1983 und 87); 35 DDR-Oberliqa-Spiele (2 Tore) für Halle.
123 BL-Spiele für Frankfurt (26 Tore), 43 Liga-Spiele für Cannes ( Tor) und 127 Zweitliqa-Spiele für Waldhof Mannheim, 11 Tore)
Mit Frankfurt DFB-Pokalsieger 1981 und UEFA-Cup-Sieger 1980.